Bai Ling – von Tibet nach Shanghai, Baby

Bai Ling ist eine der bekanntesten chinesischen Schauspielerinnen und spielte bereits 1984 in der äußerst erfolgreichen Verfilmung des Comics „The Crow“ mit und wurde 1998, kurz nach ihrem internationalem Durchbruch mit „Red Corner”, vom People Magazine unter die 50 schönsten Menschen der Welt gewählt. In der Verfilmung des Romans „Shanghai Baby“ von Zhou Wei Hui, spielte Bai Ling die Hauptrolle und verkörperte damit eine Generation junger Chinesen, die mit den alten Werten der Volksrepublik China bricht, und ihren Platz in einer neuen Welt sucht.

Bai Ling wird aufgrund ihrer freizügigen Lebensweise von der Boulevardpresse oft nur auf ihre Eskapaden reduziert. Richtig nackt fühlte sie sich laut eigener Aussage allerdings nur, als sie sich für die Vorbereitung des Films „Anna and the King“, ihre auf eine beachtliche Länge von 90 Zentimetern gewachsenen Haare, abrasieren musste:

„Jede Frau sollte sich einmal im Leben den Kopf rasieren (…) wenn man über Nacktheit spricht, ist das der Punkt an dem man sich wirklich nackt und verletzlich fühlt.“

Diese Momente sind jedoch selten, denn trotz ihrer Feinsinnigkeit strahlt Bai Ling alles andere aus als Verletzlichkeit. Im Haifischbecken Hollywood muss sie das anscheinend auch, denn die Rollen für Asiaten sind dort rar gesät. Dementsprechend bescheibt sie sich als ungebundene Abenteurerin, obwohl sie auch zugibt eine romantische Träumerin zu sein:

„Ich bin wie ein Kind das sich auf den nächsten Tag freut.“

Diese Kombination rührt wohl auch von den drei Jahren her, die sie als Vierzehnjährige mit der Volksbefreiungsarmee in Tibet verbracht hat. Diese Zeit beschreibt sie als die schönste ihres ganzen Lebens:

„Ich war dort und atmete die Luft, kämpfte mit der großen Höhe, der Kälte, der Grausamkeit der militärischen Regeln und der Freiheit und Schönheit der Natur. Und der Musik; wenn du singst, gibt dir der Berg alles wieder zurück.“

Dass viele Menschen sie nur als die Person in den „Skandalen“ wahrnehmen, scheint für Bai Ling nicht mehr zu sein, als ein Element unter den vielen Elementen mit denen man sich auseinandersetzen muss. Ihre Selbstwahrnehmung unterscheidet sich in diesem Sinne wahrscheinlich gar nicht so extrem von der anderer. Denn obwohl ihr Exhibitionismus anstößig sein mag, ist sie als Künstlerin vor allem darauf aus, in ihren Rollen wahrgenommen zu werden und nicht in ihrer Experimentierfreude Grenzen zu überschreiten, die in der überdrehten westlichen Medienwelt eigentlich gar nicht mehr existieren.

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